Annett Schauß
Annett Schauß hält es mit unscheinbaren Dingen des Alltags, die sie auf verschiedenen Schauplätzen städtischen Lebens entdeckt. Im seriellen Umgang mit den Motiven, die sie, ganz aus dem Strich und ohne die Zeichnung zu kolorieren, mit dünn aufgetragenen wässrigen Farbspuren entwickelt, bewegt sie sich in losem Bezug zur physikalischen Wirklichkeit. Ohne sich auf konkrete Wiedererkennungswerte zu beziehen, nähert sie sich der Dokumentation topografischer Erinnerungen. Nicht als naturgetreue Wiedergabe, sondern in Verbindung des Wesentlichen mit dem Unwesentlichen. Beides wird mit künstlerischen Mitteln der Vereinfachung intensiviert. Auf diese Weise manifestieren sich in ihren von lockerem Duktus bestimmten Tuschzeichnungen optische Impressionen, beschauliche Sachlichkeit und narrative Elemente. Während die vom intuitiven Impuls lebende Bühnenrealität durch theatralische Übertreibung charakterisiert ist, die zum Illustrativen tendiert, verwandelt sie die urbane Landschaft durch Staffelung und Verschachtelung der Fassaden in eine wuchernde Bildarchitektur, bei der sich verschobene Raum- und Größenverhältnisse und vereinfachte, lockere Zeichenweise zu atmosphärischer Darstellung verbinden. Diese ist weniger von lokalspezifischen Besonderheiten als von ahnungsvollem Flair bestimmt. In dem sich in stilisierten Gründerzeitfassaden die Spuren vergangenen und gegenwärtigen Lebens manifestieren, kann man von einem gleichnishaften Umgang mit dem Stadtbild als Spiegel der Lebensverhältnisse sprechen, ergänzt und mit Blick auf menschenleere Räume von sozialer Milieuschilderung ohne Akteure. (Text: Herbert Schirmer)
Annett Schauß, 1964 geboren in Berlin | Abitur und Ausbildung zur Keramikerin | 1988–1991 Studium Farb- und Oberflächengestaltung, Fachhochschule für Angewandte Kunst Berlin-Schöneweide, Potsdam | seit 1991 freiberuflich tätig | 2001-2011 Galeristin der Ladengalerie Schauß in Bernau | lebt und arbeitet seit 2011 in Bernau