Antje Scharfe
Wann wird aus einem nützlichen Tongefäß ein Artefakt? Dann, wenn Antje Scharfe, die in ihrer gestalterischen Arbeit den ältesten und universal verwendbaren Werkstoff Ton oder Kaolin nutzt. Um keramische Gefäße reliefartig auf eine Grundplatte zu collagieren oder dreidimensionale Objekte in unterschiedlichster Gestalt als freistehende Gruppe zu fixieren. Dabei treten die Objekte nicht mehr in körperlicher Isolierung auf, sie scheinen aufeinander bezogen, geradezu aufgehoben und eingehüllt, im Arrangement der der skulpturalen Gruppe. Der Zauber liegt in der exklusiven kompositonschen Aufreihung dieser unterschiedlichen Gefäße, die ins Figurative transponiert, als vertraute Alltagsgegenstände ihre zweckmäßige Funktionalität, ihren angestammten Gebrauchswert, vergessen machen und im verfremdeten Kontext ihre künstlerische Aura entfalten. Die scheinbare Plastizität wird durch wechselnde Licht- und Schattenspiele suggeriert. Differenzierte Materialoberflächen, die sich in der Form, in ornamentalen Behandlung und der grafischen kontrastreichen Farbigkeit unterscheiden. Sie erzeugen dabei nicht nur eine melancholische Stimmung, sie entwickeln eine geradezu magische Präsenz, bei der das Fremdartige durch die Banalität des Sujets noch unterstrichen wird. Antje Scharfe nennt es selbst „ein fröhliches Experiment zwischen Küchenschrank und Museum“ und nimmt alle Irritationen bewusst in Kauf. Damit erweist sich das stille Miteinander der Dinge letztlich als spezielles Thema, als Spurensuche in Bereich menschlichen Dasein. (Text: Herbert Schirmer)
Antje Scharfe, 1953 geboren in Berlin | 1974-79 Studium Burg Giebichenstein bei Gertraud Möhwald, Halle | 1979-81 Zusatzstudium, UMPRUM, Prag | 1985-86 Lehrauftrag, Burg Giebichenstein | 1990 Lehrauftrag, Akademie der Künste, München | 1994-2007 Professur, Burg Giebichenstein | seit 1999 Mitglied der Internationalen Akademie Keramik