Lothar Gericke
Sein zentrales Thema sind Stadtlandschaften, Ostberliner Stadtlandschaften. Urbane Räume, in denen Architekturleistungen der Vergangenheit und Gegenwart aufeinander treffen. Neben der jeweiligen objektiven Besonderheit gestaltet Lothar Gericke weniger das dem dokumentarischen Sinne nach Charakteristische, das Einmalige, als das von Licht und Farbe hervorgerufene Stimmungshafte in seinen Ansichten. Ausgewählte Objekte können durch topografische Verweise definiert oder durch vereinfachte Beschreibung ins Anonyme transferiert werden. Im Bild „Häusergruppe“ werden vereinzelte Wohnbauten als Symbol eines offenen Stadtorganismus gezeigt, wie auch als den Raum dominierende, zeichenhafte Skulpturen. In straffer Tektonik, betont durch zeichnerisches Gerüst und eine fein abgestufte Farbskala von Ockertönen, ragen sie in den graublauen Himmel. Prototypen, die im ansonsten kargen, publikumsbereinigtem Bildraum wie zufällig Stehengebliebenes wirkt, das bereits Zeichen der Verödung und Entvölkerung in sich trägt. Mit der umrissbetonten Bildfigur „Mädchen mit gelbem Ohrschmuck“ erfasst Gericke lediglich schematisierte Kopfsegmente in vermittelnder Vorderansicht. In sich gekehrt und dem Betrachter zugewandt, präsentiert es sich in sinnlich unterkühlter, neutraler Darstellung und in von der Pop Art inspirierten Farbigkeit. Als personifizierte Stellvertreterinnen für ein gegenwärtiges Lebensgefühl verkörpert sie zeitgenössische Mentalität, ohne jeden Anflug von Individualität – einerseits archetypisches Symbol, andererseits plakativer Eindimensionalität. (Text: Herbert Schirmer)
Lothar Gericke, 1937 in Breslau geboren | 1958 Studium an der Fachschule für Angewandte Kunst Potsdam | seit 1965 Mitglied im VBK | 1972 Studium an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee | tätig in Berlin-Projekt, im Zentralinstitut für Gestaltung und an der Akademie der Wissenschaften | seit 1981 freiberuflich tätig in Berlin und ab 2003 in Sophienstädt.